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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

24.10.2012

Betreuungen bleiben meist in der Familie

»Das war damals eine echte Revolution – mit sehr positiven Folgen, die bis heute nachwirken«, sagt Landrat Dieter Harrsen. Die Rede ist vom Betreuungsrecht, mit dem der Bund vor 20 Jahren die Möglichkeit der Entmündigung abschaffte und dafür das Selbstbestimmungsrecht betreuter Menschen stärkte.

560 Verfahren im Jahr

Ist jemand aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr in der Lage, seine Angelegenheiten selbst zu regeln, kann das im Amtsgericht angesiedelte Betreuungsgericht eine gesetzliche Betreuung einleiten. Im Zuge des Verfahrens gibt das Gericht eine ärztliche Untersuchung des Betroffenen in Auftrag und beauftragt das Betreuungsamt des Kreises, zu prüfen, ob eine Betreuung tatsächlich notwendig ist. Im letzten Jahr bearbeitete das nordfriesische Betreuungsamt mehr als 560 neu angeregte Betreuungsverfahren.

Selbstbestimmungsrecht wird gewahrt

»Wir reden erst einmal mit dem Betroffenen selbst. Nichts soll über seinen Kopf hinweg passieren. Im Gegenteil: Oberstes Prinzip ist die größtmögliche Wahrung seines Selbstbestimmungsrechtes«, betont Adelheit Marcinczyk. Sie leitet die Abteilung Seniorenhilfe des Kreises Nordfriesland, zu der das Betreuungsamt gehört. Hält der Kreis eine Betreuung für erforderlich, schlägt er dem Gericht auch eine geeignete Person vor – es sei denn, der Betroffene hätte in einer Betreuungsverfügung bereits selbst festgelegt, wer ihn im Falle eines Falles betreuen soll. Eine solche Verfügung kann jeder Volljährige jederzeit selbst zu Papier bringen.

Betreuer kommen meist aus der Familie

Entscheidet das Gericht, eine Betreuung einzurichten, legt es gleichzeitig fest, für wie lange und für welche Lebensbereiche sie gilt, etwa für das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Vermögenssorge oder die Gesundheitssorge. In rund 60 Prozent der Fälle werden Betreute einem Familienmitglied anvertraut. Geht das nicht, kommen Freunde oder Nachbarn in Betracht. Ist auch hier niemand zu finden, wird ein Betreuer bestellt, der bisher in keiner Beziehung zum Betreuten stand.

Ehrenamt als tätige Nächstenliebe

Ulrike Körbs und Ralf-Roger Sippel gehören zu denjenigen, die sich als ehrenamtliche Betreuer für einen Mitmenschen engagieren. »Man wird aber nicht einfach jemandem zugeteilt«, erläutert Ulrike Körbs: »Am Beginn steht ein Kennenlerngespräch. Nur wenn die Chemie zwischen Betreutem und Betreuer stimmt und beide einverstanden sind, wird das Gericht die Betreuung einrichten.«

Frischgebackene Betreuer werden vom Betreuungsamt und den beiden Betreuungsvereinen im Kreisgebiet über ihre Aufgaben informiert. »In den seltenen Fällen, in denen man mal nicht weiter weiß, findet man dort auch Rat und Hilfe«, berichtet Ralf-Roger Sippel.

Körbs und Sippel sehen ihr Ehrenamt als tätige Nächstenliebe an. »Man gibt viel, bekommt aber auch viel zurück, etwa in Form von Vertrauen und Dankbarkeit«, beschreibt Betreuer Sippel den Reiz des Ehrenamtes.

Oft reichen zwei Stunden im Monat

Je nach Aufgabengebiet müssen Betreuer mehr oder weniger Zeit für ihr Ehrenamt einplanen. »Am Anfang ist der Aufwand meist etwas höher, weil man erst einmal die grundlegenden Dinge regeln muss. Aber danach kommen sehr viele mit rund zwei Stunden im Monat aus«, weiß Adelheit Marcinczyk. Möglich seien auch feste Gesprächstermine zwischen Betreuer und Betreutem, etwa an jedem zweiten Mittwoch im Monat.

Landrat Dieter Harrsen sieht die Betreuer in einer jahrhundertelangen Tradition: »In Nordfriesland war die Bereitschaft, sich ehrenamtlich für die Gemeinschaft zu engagieren, schon immer überdurchschnittlich ausgeprägt«, betont er. So erklärt sich für ihn auch die weitaus überdurchschnittliche Quote von rund 80 Prozent ehrenamtlich geführter Betreuungen im Kreisgebiet: »Dieses Niveau hat bisher kein anderer Kreis in Schleswig-Holstein erreicht.«

Das Betreuungsamt des Kreises und die Betreuungsvereine freuen sich immer über Menschen, die sich für ein Betreuungsverhältnis interessieren. »Gern bieten wir auch unverbindliche Informationsgespräche an, damit Interessenten besser einschätzen können, ob das wirklich etwas für sie ist«, sagt Adelheit Marcinczyk. Ulrike Körbs und Ralf-Roger Sippel sind sich einig: »Eine Betreuung bereitet viel Freude. Wir können jedem nur empfehlen, sich darauf einzulassen.« Das Betreuungsamt des Kreises ist unter Tel. 04841/67-453 erreichbar.