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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

24.04.2023

Christina Behr: Rückblick auf zweieinhalb Jahre als Leiterin des Sozialzentrums Sylt

Wenn Christina Behr am frühen Morgen in Husum in den Zug nach Westerland steigt, dann tut sie das mit großer Vorfreude auf ihr Team und die Menschen, um die sie sich vor Ort kümmert. Seit Oktober 2020 leitet die gelernte Diplom-Verwaltungswirtin, die gebürtig aus Eisenhüttenstadt stammt, das Sozialzentrum auf Sylt – mit viel Herz und sozialer Haltung.

Der Wunsch nach einem Tapetenwechsel zog sie damals vom Landkreis Oder-Spree nach Nordfriesland. Bereut hat sie diesen Schritt bis heute nicht. Dabei war der Start – inmitten der Corona-Pandemie – gar nicht so leicht. »Vieles war geschlossen, der Kontakt zu den hiesigen Arbeitgebern, Verbänden und Vereinen beschränkt und der zur Gemeinde Sylt sowie zum Kreis Nordfriesland vorrangig digital«, erinnert sich die 39-Jährige. »Ein starkes Netzwerk, das auch in der Arbeit mit und für die Kunden des Sozialzentrums essentiell ist, habe ich mir daher erst nach und nach aufbauen können.«

Dass Christina Behr die coronabedingten Herausforderungen erfolgreich meistern konnte, hat sie besonders ihrem siebenköpfigen Team zu verdanken, wie sie selbst sagt: »Die Flexibilität und Bereitschaft für schnelle Lösungen, die alle bis heute zeigen, hat mich sehr beeindruckt. So ist es uns bei den Einschränkungen gelungen, weiterhin bestmöglich für die Menschen auf Sylt da zu sein.«

48 Kunden konnten sie gemeinsam beispielsweise 2022 in den ersten Arbeitsmarkt integrieren. Zurzeit betreuen die Mitarbeiter 239 erwerbsfähige und 116 nicht erwerbsfähige Leistungsberechtigte sowie 61 Langzeitarbeitslose. Eine Kernaufgabe des Sozialzentrums Sylt, in das das Jobcenter Nordfriesland integriert ist, wird damit deutlich: die regionale Arbeitsvermittlung. Gelenkt und koordiniert wird sie vom Kreis Nordfriesland, der damit vom Bund betraut wurde. Als Träger des Sozialzentrums fungiert hingegen die Gemeinde Sylt.

Hand in Hand zusammenarbeiten

Doch auch um eine Vielzahl anderer sozialer Leistungen für die Bürger im Einzugsgebiet des Sozialzentrums kümmert sich das Team im Alltag – darunter beispielsweise um das Wohngeld, die Grundsicherung für Ältere und Arbeitssuchende sowie alle Asylbewerberleistungen. »Darüber hinaus arbeiten wir eng mit der Schuldner- sowie Suchtberatung und dem Jugendamt, das mit bei uns auf dem Flur sitzt, zusammen, denn auch in diesen Bereichen wird mitunter Unterstützung benötigt«, verdeutlicht Behr.

»Es sind genau diese kurzen Distanzen zwischen den Fachbereichen, aber auch die gemeinsamen Kundengespräche, die es in der Sylter Außenstelle des nordfriesischen Jobcenters ermöglichen, alle Fälle ganzheitlich zu denken und zu bearbeiten, um damit die beste Hilfestellung zu garantieren«, berichtet Axel Scholz, Leiter des Jobcenters Nordfriesland.

»Dazu gehört auch, dass wir intensiv auf unsere Kunden eingehen, um ihnen den – oftmals mit Hemmungen verbundenen – Weg zu uns ins Sozialzentrum so leicht wie möglich zu machen. Mit Blick auf die vergangenen zweieinhalb Jahre kann ich feststellen, dass diese Herangehensweise für mehr Vertrauen und eine größere Aufgeschlossenheit unserer Arbeit gegenüber gesorgt hat«, ergänzt Behr.

Dauerhafte Integration steht im Vordergrund

Seit ihrem ersten Arbeitstag auf Sylt ist es ihr besonders wichtig, jeden Kunden mit seinen Ressourcen und seiner Lebenssituation individuell zu betrachten und niemanden in eine Branche zu zwingen. Mit ihrem Team wirft sie daher einen genauen Blick darauf, was die Menschen erreichen wollen. Benötigen sie beispielsweise Zusatzqualifikationen, bestimmte Führerscheine oder andere Förderungen. Oder brauchen sie Ruhe, um andere aktuelle Herausforderungen zu meistern.

»Genau dann nehmen wir sie aus dem Druck der Vermittlung heraus und konzentrieren uns auf den arbeitsmarktnahen Kundenstamm. So besteht eine größere Chance, Personen mit gesundheitlichen, familiären und sprachlichen Einschränkungen, Suchterkrankungen oder fehlenden Qualifizierungen und Schulabschlüssen langfristig in eine Beschäftigung zu bringen«, erklärt Behr.

»Weg von einer schnelleren Vermittlung in Arbeit und hin zu einer dauerhaften Integration – diese Entwicklung ist seit Jahren bundesweit spürbar. Mit dem Bürgergeld, das Anfang Januar eingeführt wurde, und dem darin festgehaltenen Wegfall des Vermittlungsvorranges hat der Bund darauf nun auch gesetzgeberisch eine Antwort gefunden«, weiß Scholz.

»Im Sylter Sozialzentrum wird für jeden Einzelfall und eine stets gute Lösung gekämpft. Haltung, Wertschätzung und Empathie – dass ist das Credo von Christina Behr und dafür schätze ich sie sehr«, hält er fest.

Obwohl die 39-Jährige diese Einstellung fest in sich trägt, hat ihre zehnjährige Tätigkeit im Jobcenter des Landkreises Oder-Spree hierzu sicherlich beigetragen. Der direkte Kontakt zu den Kunden hilft dabei, nah an ihrer Lebensrealität dran zu bleiben und das Gefühl dafür zu behalten, welche Unterstützung sie benötigen. Umso glücklicher ist Christina Behr noch heute, dass sie sich im Sozialzentrum Sylt als Leiterin zwar neuen beruflichen Herausforderungen stellen, gleichzeitig aber auch als Fallmanagerin im Einsatz sein kann. »So schnell kann es mir also nicht passieren, die Verbindung zu den Menschen zu verlieren«, berichtet sie.

Besonderer Arbeitsmarkt auf Sylt

Mit der neuen Tätigkeit kamen 2020 jedoch nicht nur neue Aufgaben. »Christina Behr hatte es plötzlich mit einem ganz anderen Arbeitsmarkt zu tun als noch in Brandenburg und sogar im Vergleich zum nordfriesischen Festland«, so Axel Scholz, der den Blick auf alle sieben Standorte seines Jobcenters richtet.

Ganz klar, denn auf Sylt spielt der Tourismus eine zentrale Rolle. Arbeitskräfte werden hier vor allem im Hotel- und Gaststättengewerbe gesucht, aber auch in der Gartenpflege oder im Handwerk. Weniger sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen, mehr Minijobs und Teilzeitanstellungen, vorwiegend körperlich anstrengende Tätigkeiten mit Schichtdienst, Druck und Tempo – so stellt sich der Arbeitsmarkt auf der Insel dar.

Auch wenn sich die Saison mittlerweile in den November hineinzieht, fährt die Gastronomie im Winter dennoch herunter und die Zahl der Unterkunftsvermietungen sinkt. Für die Sylter Außenstelle des nordfriesischen Jobcenters bedeutet das einen Anstieg der Leistungsbezieher.

»Im Vergleich zu meiner vorherigen Tätigkeit liegt der Fokus auf Sylt daher unter anderem darauf, Arbeitskräfte auch außerhalb der Saison in ihrer Beschäftigung zu halten«, erzählt Behr. Hierbei spielt vor allem der Austausch mit den Betrieben eine wichtige Rolle. »Wir werben deshalb für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber der Möglichkeit, weniger ausgelastete Phasen mit Urlaubs- oder Überstundenzeiten zu überbrücken, um das Personal so nicht entlassen zu müssen.«

Überall werden Fach- und Arbeitskräfte gebraucht – auch in ihrer eigenen Branche, weiß Christina Behr. Für die Zukunft wünscht sie sich daher ein weiterhin schlagfertiges und mit starkem Personal ausgestattetes Sozialzentrum. »Nur, wenn wir gut sind, können wir auch einen guten Job machen – und das hilft den Betroffenen«, verdeutlicht sie.

Aber da wäre noch ein weiterer Wunsch: eine stets breite Akzeptanz und Wertschätzung gegenüber der Arbeit im Sozialzentrum von allen Beteiligten auf Sylt – der Politik, den Ehrenamtlichen, der Wirtschaft, den Betrieben und der Bevölkerung im Allgemeinen.