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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

03.03.2011

Kreis Nordfriesland stellt ersten Minderheitenbericht vor

Die dänische Minderheit und die friesische Volksgruppe üben einen prägenden Einfluss auf die nordfriesische Kultur aus. Warum das so ist und wie sie das erreichen, darüber gibt der erste Minderheitenbericht des Kreises Nordfriesland Auskunft.
Der Kreistag hat die Kreisverwaltung 2008 beauftragt, in jeder Wahlperiode einen Minderheitenbericht vorzulegen. Diese Berichte sollen zum einen die aktuelle Situation der dänischen Minderheit und der friesischen Volksgruppe beschreiben, zum anderen die Aktivitäten des Kreises Nordfriesland zum Schutz und zur Förderung beider Kulturen sowie die Ziele und Konzeptionen des Kreises zur Minderheitenpolitik deutlich machen.

»Die Minderheiten sind ein positiver Standortfaktor und ein Gewinn für den Kreis Nordfriesland«, stellt Landrat Dieter Harrsen fest. »Deshalb freue ich mich, dass dieser Bericht einen aktuellen Überblick über die zahlreichen Aktivitäten der Friesen und der Dänen bietet.«

Etliche Aktivitäten im Kreisgebiet

Beschrieben werden etwa die Aktivitäten des Südschleswigschen Wählerverbandes SSW, des Dänischen Schulvereins, des Südschleswigschen Vereins und der Dänischen Zentralbücherei für Südschleswig. Der Schulverein bietet neben dem Schulunterricht Kindergartenplätze an und kümmert sich um die Erwachsenenbildung. Aber auch in zahlreichen Sport- und Jugendvereinen finden die dänisch-sprachigen Nordfriesen zusammen. Im Krankheitsfall hilft ihnen der Dänische Gesundheitsdienst weiter, und auch die Dänische Kirche ist in Südschleswig vertreten. Mit der Flensborg Avis verfügt die dänische Minderheit sogar über eine dänischsprachige Zeitung, die einen besonderen Schwerpunkt auf Ereignisse und Entwicklungen im nördlichen Nachbarland legt.

Die besondere Bedeutung der Schulen der dänischen Minderheit außerhalb der Schulzeiten als Treffpunkte für Jugend- und Sportvereine, für die kirchliche und kulturelle Vereinsarbeit und die Erwachsenenbildung wird im Bericht hervorgehoben.

Der zweite Teil des Minderheitenberichtes stellt die friesische Volksgruppe in den Mittelpunkt. »Nicht jeder weiß, dass es traditionell enge Verbindungen zwischen Friesen und Dänen gibt«, erklärt die Verfasserin des Berichtes, Johanna Jürgensen. Sie leitet den Fachdienst Kultur und die Stiftung Nordfriesland.

Friesisch-Unterricht

So setzten die dänische Minderheit und die sogenannten »nationalen Friesen« sich gemeinsam für die politische und gesellschaftliche Anerkennung der friesischen Minderheit, der Ausbau des friesischen Sprachunterrichts in Kindergärten und an Schulen, die gelebte Mehrsprachigkeit in Nordfriesland und auf Helgoland sowie die finanzielle Förderung der friesischen Bevölkerungsgruppe ein. Die dänische Privatschule in Risum war die erste überhaupt, in der Friesisch als Unterrichtssprache eingesetzt wurde.

»Der Friesisch-Unterricht selbst hat einen kleinen Aufschwung erlebt, steht inzwischen aber vielerorts auf der Kippe, weil die Lehrer fehlen«, hebt Johanna Jürgensen hervor: Viele Friesisch-Studierende haben aufgegeben, weil sie entweder die Zusatzbelastung durch das Ergänzungsfach nicht durchhielten oder weil sie keinen Referendariatsplatz in Nordfriesland erhielten.

Kultur vererbt sich über die Sprache

Einen besonderen Platz nimmt das Nordfriesische Institut ein, dem es trotz knappster Mittel gelungen ist, die Geschichte der Nordfriesen auf qualitativ hochstehendem Niveau zu erforschen. »Die Kultur vererbt sich auch hier insbesondere über die Sprache. Deshalb hat das Institut viel für den friesischen Schulunterricht getan und bietet inzwischen auch moderne Sprachkurse für Anfänger und Fortgeschrittene mit CD an. Sogar Online-Kurse gibt es«, sagt Landrat Harrsen.

Der Minderheitenbericht schildert, wie vielfältig die friesische Kultur im Alltag präsent ist: So fördern der Nordfriesische Verein und die Friisk Foriining neben der Sprache Theater-, Musik-, Tanz- und Trachtengruppen, bemüht sich um die Bewahrung historischer Denkmäler und unterstützt historische, landschaftsgeschichtliche und volkskundliche Vorträge und Veröffentlichungen. Wie bei der dänischen Minderheit spielt die Jugendarbeit eine große Rolle: Mit Kindertagen, Schultheatertreffen oder durch Sportvereine mit friesisch-sprachigen Trainern wird die Jugend an die Kultur der Heimat herangeführt.

Mammutprojekt Sprachbewahrung

Durch die Arbeit an dem Bericht hat auch Johanna Jürgensen viel gelernt: »Die Hintergründe, die Geschichte, aber auch die umfangreiche aktuelle Arbeit haben mich fasziniert. Es ist nie leicht, einen Sonderweg zu gehen. Insbesondere die Bewahrung der friesischen Sprache ist ein Mammutprojekt, für das man viel Idealismus braucht«, stellt sie fest.

Die Abstimmung des Textes mit den Friesen und der dänischen Minderheit im Vorwege hat Johanna Jürgensen als angenehm und unkompliziert empfunden: »Es wurde ohne viele Umstände mitgeholfen, so dass wir ein Ergebnis vorstellen können, das von allen getragen wird«. Auch der Kulturausschuss des Kreises habe sich aktiv und mit großem Interesse eingebracht. Am 4. Februar schließlich nahm der Kreistag den Bericht per Beschluss zur Kenntnis.

Minderheiten mit Potenzial

Für Dieter Harrsen beweist der Bericht »wieder einmal«, wie er sagt, dass die Minderheiten ein bedeutender Faktor in der deutsch-dänischen Zusammenarbeit sind, die sich mit ihren Potenzialen weiterhin aktiv in die Strategien zur Regionalentwicklung einbringen sollten. Umgesetzt werde dies etwa in der Kandidatur von Sonderburg gemeinsam mit der Region Sønderjylland-Schleswig als »Europäische Kulturhauptstadt 2017«. Die Mission dieses ambitionierten Vorhabens lautet »Vielfalt leben – Kultur über Grenzen« und schließt die Minderheiten und die erfolgreiche Minderheitenpolitik in der deutsch-dänischen Grenzregion als einen wesentlichen Pluspunkt in die Bewerbung mit ein.

Der Minderheitenbericht hat einen Umfang von 84 Seiten und ist beim Kreis Nordfriesland als gebundene Ausgabe und unter www.nordfriesland.de als PDF-Datei erhältlich.