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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

24.01.2013

Kreis strebt gerechtere Finanzausstattung der Kommunen an

Teils heiß diskutiert wird in den nordfriesischen Gemeinden ein Schreiben des Kreises zur beabsichtigten Anhebung der Allgemeinen Kreisumlage um 1,35 Prozent-Punkte auf 37 Prozent.

»Das würde die Gemeinden um insgesamt 2,1 Millionen Euro belasten. Doch gleichzeitig planen wir, den Kommunen aus anderer Quelle 1,8 Millionen Euro mehr zu zahlen als bisher. Folglich geht es für sie eigentlich nur um 300.000 Euro im Jahr – und um mehr Gerechtigkeit«, erläutert Landrat Dieter Harrsen.

Zum Hintergrund:

Der Bund übernimmt schrittweise die Ausgaben der Kreise für die »Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung«. Im Jahr 2013 bedeutet dies für den Kreis Nordfriesland eine Entlastung um rund 3,6 Millionen Euro. Als einziger Kreis in Schleswig-Holstein, vielleicht sogar bundesweit, hat sich Nordfriesland entschlossen, die Hälfte davon an seine Gemeinden weiterzureichen.

Die einfachste Methode bestünde darin, die von allen Kommunen zu zahlende Kreisumlage um 1,8 Millionen Euro zu senken. »Aber wir wollen die Chance nutzen, mit dem Geld einen Ausgleich zwischen den einzelnen Gemeinden schaffen: Manche haben durch Windparks und andere Gewerbeansiedlungen hohe Einnahmen, während der Regionalplan des Landes anderen Orten solche Möglichkeiten gar nicht einräumt«, fasst Landrat Harrsen die Diskussion in den Selbstverwaltungsgremien des Kreises zusammen.

Ziel: mehr Gerechtigkeit

Der Kreis will für mehr Gerechtigkeit sorgen, indem er die 1,8 Millionen Euro nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt, sondern davon abhängig macht, wie hoch die Unterkunftskosten sind, die die einzelnen Gemeinden für Langzeitarbeitslose bezahlen müssen, und wie lang die Straßen und Wege sind, die sie bewirtschaften.

Zudem werde die unterschiedliche individuelle Finanzkraft in spürbarem Umfang berücksichtigt, sagt Dieter Harrsen. Jede Gemeinde erhalte jedoch mindestens 50 Prozent des Betrages, den eine Senkung der Kreisumlage in Höhe von 1,8 Millionen Euro bewirkt hätte. Diese Berechnungsmethode ist mit Vertretern des Gemeindetages und des Städtetages abgestimmt.

Sie würde zu einer Umverteilung von rund 401.000 Euro führen, die den finanzschwächeren Gemeinden mehr und den anderen weniger zur Verfügung stehen. Im Ergebnis würden 84 Gemeinden in unterschiedlichem Ausmaß von dieser Regelung profitieren, für 49 Gemeinden bedeutet sie eine Schlechterstellung gegenüber einer theoretisch möglichen Senkung der Kreisumlage.

Mit 104.000 Euro müsste die Gemeinde Sylt am meisten abgeben, Orte wie Husum, St. Peter-Ording oder Wyk wären mit jeweils etwas über 20.000 Euro dabei, Niebüll mit knapp 33.000 Euro. Profitieren würden etwa Tönning und Bredstedt mit jeweils um die 20.000 Euro, Leck würde sogar um fast 24.000 Euro entlastet werden.

Der Kreis hat die Gemeinden gebeten, ihm mitzuteilen, ob sie mit dieser Vorgehensweise einverstanden sind. Parallel zu diesen Überlegungen für mehr Ausgleich und Gerechtigkeit hat der
Finanz- und Bauausschuss des Kreises die Verwaltung beauftragt, die Gemeinden um Stellungnahmen zu einer Erhöhung der Kreisumlage zum 1.1.2013 zu bitten.

Fünf Millionen Euro fehlen

Die Haushaltslage des Kreises ist sehr angespannt. So fehlten 2011 nach derzeitigem Stand knapp 3,9 Millionen Euro, 2012 sogar 6,55 Millionen Euro. Auch 2013 werden rund fünf Millionen fehlen, weil Bund und Land in den letzten Jahren verstärkt Aufgaben auf die Kommunen verlagert haben, ohne genügend Geld mitzuliefern. Trotz kleinerer Entlastungen an verschiedenen Stellen empfiehlt selbst der Landesrechnungshof den Kreisen, die Erhöhung der Kreisumlagen zu diskutieren.

Wie das Defizit entsteht

Das Defizit des Kreishaushaltes wird nicht durch wenige große Ausgabenpositionen verursacht, sondern entsteht durch die Aufsummierung etlicher kleinerer und größerer Zahlungen. So überweist der Kreis Nordfriesland im Zusammenhang mit dem Ausbau von Betreuungsplätzen für ein- und zweijährige Kinder 730.000 Euro an Tagespflegepersonen. Bis 2011 beteiligten die Gemeinden sich an den Kosten. Wegen widersprüchlicher Formulierungen der Bundes- und der Landesgesetzgebung tun sie das seit 2012 nicht mehr. Deshalb muss der kommunale Raum nach Ansicht des Kreises die Hälfte der Summe über die Kreisumlage übernehmen.

Die Landesmittel, die der Kreis für den ÖPNV erhält, reichen schon seit 2010 nicht mehr aus. Im laufenden Jahr fehlt mehr als eine Million Euro. »Für die Jahre ab 2014 müssen wir mit dem Kommunen über eine Ausdünnung des Fahrtenangebotes in den wenig nachgefragten Bereichen reden. Dadurch ließen sich rund 315.000 Euro einsparen. Aber solange das Land seine Ausgaben deckelt, muss die kommunale Familie, also Kreis und Kommunen, auch hier insgesamt als Ausfallbürge auftreten«, bedauert Dieter Harrsen.

Die vom Land erzwungene Elternbeteiligung an den Kosten der Schülerbeförderung wird der Kreis zurücknehmen, sobald die Gesetzeslage es zulässt. Das erhöht sein Defizit 2013 um rund 227.200 Euro.

Der Betrieb seiner beiden Förderschulen – der Rungholtschule in Husum und der Carl-Ludwig-Jessen-Schule in Niebüll – kostet den Kreis jährlich 1,2 Millionen Euro, ohne dass die Wohnortgemeinden der betroffenen Schüler bisher einen finanziellen Ausgleich geleistet haben. Das Bildungsministerium Schleswig-Holstein hat kürzlich bestätigt, dass die Kreise berechtigt sind, Schulkostenbeiträge für Förderschulen zu erheben – und das sogar rückwirkend für die letzten vier Jahre. Da es vom Zufall abhängt, ob und wie viele Schüler aus einer Gemeinde eine Förderschule besuchen, will der Kreistag Gerechtigkeit schaffen, indem er sämtliche Gemeinden im Sinne einer Solidargemeinschaft gleichermaßen an den Schulkostenbeiträgen beteiligt.

»Das sind nur einige Beispiele für Ausgaben des Kreises, die allen Gemeinden beziehungsweise Bürgern zugute kommen«, fasst Landrat Harrsen zusammen. Der Landesrechnungshof weise ausdrücklich darauf hin, dass die Kreise ihre Ausgleichs- und Ergänzungsfunktion in Abhängigkeit von der Finanzkraft der Gemeinden sehen und dabei ihre eigenen finanziellen Möglichkeiten beachten müssen.

»Eine Anpassung des Kreisumlagesatzes um 1,35 Prozent-Punkte ist angemessen und zumutbar«, sagt Dieter Harrsen. »Trotzdem bleibt ein schaler Geschmack zurück, weil die Erhöhung nur notwendig ist, weil die Politiker in Bund und Land den im Grundgesetz verankerten Anspruch der Kommunen auf eine auskömmliche Finanzausstattung permanent missachten«, ärgert er sich.

Den Kreisen und Gemeinden bleibe jedoch nur die Möglichkeit, die Kröte zu schlucken und ständig daran zu arbeiten, in ihren Verantwortungsbereichen möglichst sparsam zu wirtschaften, stets Aufgabenkritik zu betreiben und überall zusammenzuarbeiten, wo sich noch ein kleiner Effizienzgewinn realisieren lasse.

Die Kreisumlage in Nordfriesland beläuft sich zur Zeit – ohne die geplanten Änderungen – auf rund 52,6 Millionen Euro.