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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

08.09.2011

Landrat Dieter Harrsen: Die Bundeswehr ist unverzichtbar für den Katastrophenschutz

Zur Zeit bereitet die Bundesregierung die Verkleinerung der Bundeswehr vor. Zahlreichen Standorten in ganz Deutschland droht die Schließung. Vor diesem Hintergrund wandten der nordfriesische Landrat Dieter Harrsen und sein Dithmarscher Kollege Dr. Jörn Klimant sich in einem gemeinsamen Schreiben direkt an Verteidigungsminister Dr. Thomas de Maizière. »Wir haben ihm erläutert, dass Nordfriesland und Dithmarschen die am stärksten durch Sturmflutlagen bedrohten Kreise in Deutschland sind. Nirgends ist die Gefahr größer«, betont Harrsen.

Ohne Bundeswehr nicht leistbar

Deshalb dürften die für die Hilfe im Katastrophenschutz ausgebildeten und ausgerüsteten Bundeswehr-Einheiten auf keinen Fall aus den beiden Kreisen abgezogen werden. Ein wirksamer Schutz sowie die Bekämpfung einer akuten Sturmflutlage seien durch die zivilen Kräfte der Feuerwehren, des Katastrophenschutzes und der anderen Hilfsorganisationen ohne die Bundeswehr nicht leistbar.

Der Bereich Katastrophenschutz wird in Nordfriesland und Dithmarschen in erster Linie durch insgesamt 228 freiwillige Feuerwehren mit 9.200 Mitgliedern gesichert. Allerdings sind bei einer schweren Sturmflut die auf den Inseln ansässigen sowie die tatsächlich nicht erreichbaren Kräfte davon abzuziehen.

Kein Personal für Deichsicherung

»Vor allem aber kümmern die Einsatzkräfte sich bei einer schweren Sturmflut ja parallel um eine Vielzahl weiterer Probleme wie Deichbeobachtung, Sturmschäden, Überflutungen, ausgefallene Infrastrukturen und die Sicherung der zweiten Deichlinie. Auch dadurch schwinden die Ressourcen für die Deichverteidigung drastisch«, stellt die Leiterin des Fachbereiches Recht, Sicherheit, Kultur, Gesundheit des Kreises Nordfriesland, Nina Schmeck, fest.

Aufgrund des ebenfalls zu berücksichtigenden Sicherstellungsauftrages für das restliche Kreisgebiet stehen zahlreiche weitere Feuerwehreinheiten im Ernstfall nicht zur Verfügung, weil sie ein nunmehr deutlich vergrößertes Einsatzgebiet absichern müssen.

Zu den Feuerwehren kommen lediglich etwa 220 Kräfte der im Katastrophenschutz organisierten Hilfsorganisationen DRK und DLRG sowie rund 200 Helfer der ortsansässigen THW-Einheiten. Sie können ebenfalls nicht für Deichsicherungsaufgaben eingebunden werden, da sie anderweitige Anforderungen zu bewältigen haben – zum Beispiel Evakuierungsunterstützungen, Unterbringung, Verpflegung, Betreuung und Versorgung.

Zweit- und Dritt-Schichten organisieren

Die Fachleute des Kreises gehen davon aus, dass bei einer »mittleren« Katastrophenlage mit nur einem Deichbruch und mehreren gefährdeten und zu sichernden Deichabschnitten allein in Nordfriesland pro »Schicht« mindestens 160 Einsatzkräfte fehlen werden. In Dithmarschen muss von einer noch stärker angespannten Gesamtsituation ausgegangen werden.

»Da Sturmflutlagen jedoch mehrere Tage andauern können und die Einsatztätigkeiten überwiegend schwerste körperliche Anstrengungen bei schlechtestem Wetter umfassen, müssen wir Zweit- und Drittschichten organisieren. Ohne die Bundeswehr ist das unmöglich zu schaffen«, weiß Landrat Harrsen: Allein eine zweite Schicht würde für Nordfriesland und Dithmarschen insgesamt mindestens 1.700 Unterstützungskräfte erfordern.

Dazu kommt der Zeitfaktor: Kommt die Sturmflut, muss alles ganz schnell gehen. Viel Zeit für den Anmarsch von Unterstützungskräften und pioniertechnischen Gerätschaften aus größerer Entfernung gibt es nicht.

Schweres Gerät hat nur die Bundeswehr

Fehlen wird aber nicht nur Personal, sondern auch Material: Die für die Deichsicherung und Deichverstärkung notwendigen schweren Gerätschaften hat nur die Bundeswehr. Selbst die materielle Ausstattung des nordfriesischen THW reicht für diese Aufgabenstellung nicht aus.

Landrat Harrsen hebt die lange Tradition der zivil-militärischen Zusammenarbeit (ZMZ) in Nordfriesland und Dithmarschen hervor. So nehmen Bundeswehrangehörige gemeinsam mit den Küstenschutzbehörden und anderen Organisationen an den jährlichen Deichschauen teil.

Innerhalb des Katastrophenschutzes sind die ZMZ-Verbindungspersonen sowohl in die Katastrophenabwehrstäbe der Kreise Nordfriesland und Dithmarschen als auch in die Stäbe vor Ort in Niebüll, Husum und Garding eingebunden, um die Kommunikation zu dem zuständigen Landeskommando oder Wehrbereichskommando sicherzustellen. Regelmäßige Übungen, Schulungen sowie der Austausch von Informationen gehören zur gelebten Kooperation.

»Der Abzug der Bundeswehreinheiten von der Westküste würde die Gefährdungslage sehr deutlich erhöhen. Der Katastrophenschutz wäre kaum noch zu gewährleisten. Deshalb gehe ich davon aus, dass Verteidigungsminister de Maizière dies bei seinen Entscheidungen berücksichtigen wird«, erklärt Dieter Harrsen.

4.400 Soldatinnen und Soldaten

Die Gesamttruppenstärke (Soll-Stand) beträgt in beiden Kreisen rund 4.400 Soldatinnen und Soldaten (davon in Nordfriesland rund 4.130, im Kreis Dithmarschen rund 270). Die Anzahl ist um die sich im (Auslands-)Einsatz befindlichen Truppenteile zu reduzieren.

Hauptsächliche Standorte:
- Husum (Spezialpionierbataillon und Flugabwehrraketengeschwader)
- Husum, Leck und Stadum (Flugabwehrraketengruppe)
- Seeth (Lazarettregiment)
- Heide I (Sanitätszentrum)
- Heide II (zahlreiche Lehrgangsteilnehmer unterschiedlichster Bundeswehreinrichtungen in verschiedener personeller Stärke innerhalb der Ausbildungsanlagen)

Möglichkeiten der Spezialpioniere

• Maßnahmen zur Erhaltung und Steigerung der Leistungsfähigkeit des Verkehrsnetzes
• Erhöhung der Bodenbefahrbarkeit
• Herrichten und Erhalten von Zu- und Abfahrten
• Bau von Behelfsstraßen
• Verstärkung der Tragfähigkeit von Brücken
• Bau von Behelfsstraßen und Behelfsbrücken
• Einsatz leichter Übergangsmittel
• Einrichten von Lager- und Landeplätzen für Hubschrauber
• Bau und Betrieb von Behelfsunterkünften
• Trinkwasseraufbereitung
• Trümmerbeseitigung mit Pioniergerät
• Unterstützungsleistungen mit schwerem Gerät
• Abrissarbeiten und Sprengungen
• Unterstützung bei der Sicherung von Deichen
• Unterstützung beim Bau von Notdeichen

Möglichkeiten der Sanitätseinheiten

• Unterstützung bei der medizinischen Notversorgung
• Unterstützung beim Betrieb von Auffangkapazitäten nach Evakuierungen
• Unterstützung bei Such- und Rettungsmaßnahmen
• Übernahme von Nottransporten in unwegsamem Gelände und auf aufgeweichten Flächen durch speziell hierfür ausgelegte Sanitätsfahrzeuge
• Aufbau und Betrieb von Rettungsstationen oder Rettungszentren
• Ggf. unterstützende Versorgung mit Arzneimitteln und Verbandstoffen

Flugabwehrraketengeschwader

Neben der möglichen materiellen Unterstützungsgestellung durch Fahrzeuge und Gerätschaften, nimmt das FlaRakG 1 aufgrund seiner Personalstärke eine zentrale Rolle zur Bewältigung einer umfassenden Sturmflut-Katastrophenlage ein:
• Unterstützung bei Not- und Rettungsmaßnahmen
• Unterstützung bei Evakuierungen größerer Gebiete
• Unterstützung bei Deichsicherungsarbeiten und Bau von Notdeichen
• Unterstützung innerhalb logistischer Maßnahmen und der strategischen Führung

Luftaufklärung (Schleswig-Jagel)

Diese Einheit der Bundeswehr lieferte in Reallagen bereits wertvolle und unverzichtbare Informationen innerhalb notwendiger Aufklärungsarbeiten (z. B. Tornado-Aufklärungsbilder zu aufgeweichten Deichzuständen – Erkennbarkeit vor dem »Bruch«).
• Luftbild- sowie ggf. Videoüberstellung gefährdeter Deichabschnitte und Räume
• Deich- und Raumaufklärung