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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

01.02.2012

Langzeitarbeitslosigkeit: Kennzahlen und Ziele bestimmen die Arbeit der Vermittler

2011 haben die sieben nordfriesischen Sozialzentren 1.700 Menschen in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt – fast ebenso viele wie 2010 (1.770). Seitdem die Nordfriesen die Vermittlung von Langzeitarbeitslosen vor sieben Jahren in die eigenen Hände nahmen, haben sie insgesamt knapp 14.200 Menschen wieder in Lohn und Brot gebracht.
Eine große Rolle spielt dabei die Qualifizierung der »Kunden« durch Zusatzjobs und berufsfachliche Seminare. In Zusatzjobs – früher auch Ein-Euro-Jobs genannt – geht es vor allem darum, sich nach langer Arbeitslosigkeit in ein Team einzufügen und andere soziale Fähigkeiten wieder zu erwecken. Diese Möglichkeit nahmen im letzten Jahr 539 Menschen in Anspruch, rund 2.300 besuchten Seminare mit fachspezifischen Inhalten.

Das oberste Ziel des Kreises – und des Bundes – ist die Vermittlung Langzeitarbeitsloser in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse. Doch Zusatzjobber werden nur selten direkt aus der Maßnahme heraus vermittelt: »Uns gelingt das bei weniger als fünf Prozent der Teilnehmer«, erklärt der Leiter des Fachdienstes Arbeit des Kreises Nordfriesland, Axel Scholz. Bundesweit sind die Zahlen ähnlich.

Deshalb fordert der Bund als Geldgeber deutschlandweit die Abkehr von diesem arbeitsmarktpolitischen Instrument. »Dieser Anweisung müssen wir folgen. Die Verträge mit den großen Trägern von Zusatzjob-Maßnahmen im Kreisgebiet enden am 30. Juni 2012 und können nicht mehr im gleichen Umfang erneuert werden«, sagt Scholz.

Alle Zusatzjobs zu retten, wäre auch aus einem anderen Grund unmöglich – weil der Bund dem Kreis wieder einmal die Mittel kürzt: 2006 standen den Nordfriesen für die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt 13,3 Millionen Euro zur Verfügung, 2011 waren es 12,2 Millionen, 2012 gibt es mit 10,8 Millionen noch einmal 1,4 Millionen Euro weniger.

Darunter leiden nicht nur die Zusatzjobs, sondern auch die Verwaltung selbst: Der Personalschlüssel der Sozialzentren sah 2005 vor, dass ein Fallmanager 75 Jugendliche oder 150 Erwachsene betreute und dass sein für die Auszahlung der Hartz IV-Leistungen zuständiger Kollege sich um 140 Menschen kümmerte. »Heutzutage freuen wir uns schon, wenn wir im Durchschnitt auf ein Verhältnis von 1:150 kommen. Dass die Betreuung dadurch nicht mehr so eng sein kann, ist dem Bund sicherlich bewusst«, vermutet Fachdienstleiter Scholz.

Auch in anderen Bereichen zieht Berlin die Zügel straffer: Ab 2012 wird mit Kennzahlen und Zielen gesteuert, die das Bundesarbeitsministerium mit dem Land Schleswig-Holstein aushandelt. So werden die Freiheiten vor Ort noch stärker beschnitten.

Ein Beispiel: Über Kennzahlen macht der Bund die generelle Vorgabe, dass die Vermittlung eines »Langzeit-Leistungsbeziehers« wichtiger ist als Vermittlung eines erst seit kürzerer Zeit Arbeitslosen – obwohl dieser vielleicht mit einer Qualifizierungsmaßnahme mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätte.

Der Bund rechtfertigt seine Ausgabenkürzungen mit dem Fachkräftemangel: Die Wirtschaft sauge die Arbeitswilligen geradezu auf, meint Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. Harrsen und Scholz können das nicht uneingeschränkt bestätigen, müssen den politischen Vorgaben aber folgen.

»Die Aufgabe der Verwaltung besteht nun darin, einen vernünftigen Weg zu finden zwischen den Vorgaben des Bundes, den Ansprüchen des Arbeitsmarktes und den Erfordernissen der Kunden«, beschreibt Landrat Dieter Harrsen die Herausforderung. Deshalb werde der Kreis im Jahr 2012 Qualifizierungsmaßnahmen ein noch höheres Gewicht beimessen. »Gute Erfahrungen haben wir zum Beispiel damit gemacht, unter 25-Jährige direkt in einem Betrieb zu qualifizieren, der sich grundsätzlich vorstellen könnte, sie fest anzustellen. Dieses Instrument wollen wir ausbauen und damit auf die Unternehmen zugehen«, sagt Harrsen.

Daneben will der Kreis erfolgreiche Projekte wie ein Übergangsmanagement zwischen Schule und Beruf für Jugendliche oder ein spezielles Forum für alleinerziehende Arbeitslose fortführen. Verändert wird hingegen die interne Kommunikation zwischen dem Kreis als Steuerungsebene und den bei den Ämtern und Städten angesiedelten Sozialzentren. »Obwohl es nicht einfacher werden wird, bin ich guten Mutes, dass wir auch 2012 wieder vielen Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der Abhängigkeit von staatlichen Leistungen heraushelfen werden: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg«, blickt Dieter Harrsen in die Zukunft.

Die jährlichen Regelsätze, die der Bund für die 5.261 Bedarfsgemeinschaften in Nordfriesland aufwendet, betrugen 2011 insgesamt rund 30 Millionen Euro. Mit weiteren rund 19 Millionen Euro waren Kreis und Kommunen dabei: So hoch schlugen bei ihnen die Kosten der Unterkunft für die Betroffenen zu Buche.