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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

04.10.2022

Kreis Nordfriesland legt aktuellen Minderheitenbericht vor

»Die friesische Volksgruppe und die dänische Minderheit sind Schätze, die unseren Alltag bereichern. Aber insbesondere die friesische Kultur ist gefährdet – deshalb müssen wir sie hegen und pflegen«, unterstreicht Landrat Florian Lorenzen. Um dies zu erreichen, hat der nordfriesische Kreistag die Verwaltung bereits 2008 beauftragt, einen Minderheitenbericht zu erstellen. Der erste erschien 2011, mit dem zweiten befasste sich der Kreistag im Juni dieses Jahres. Nun wurde die endgültige Version auf der Homepage des Kreises veröffentlicht.

Verfasserinnen sind die damaligen wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Kreis-Fachdienstes Kultur, Katharina Frey und Johanna Neubauer. Ehrenamtlich tätige Mitglieder der Arbeitsgruppe Mehrsprachigkeit des Kreistages haben sie unterstützt. Zudem wurden die Minderheiten selbst beispielsweise mit Online-Umfragen beteiligt, etwa zu der Frage: »Wie lebendig ist die friesische Sprache in Nordfriesland?«

Darum geht es in dem Bericht:

Der Minderheitenbericht schildert, wie vielfältig die friesische Kultur im Alltag präsent ist: So fördern der Nordfriesische Verein und die Friisk Foriining neben der Sprache Theater-, Musik-, Tanz- und Trachtengruppen, bemühen sich um die Bewahrung historischer Denkmäler und unterstützen historische, landschaftsgeschichtliche und volkskundliche Vorträge und Veröffentlichungen. Wie bei der dänischen Minderheit spielt die Jugendarbeit eine große Rolle: Mit Kindertagen, Schultheatertreffen oder durch Sportvereine mit friesisch-sprachigen Trainern wird die Jugend an die Kultur der Heimat herangeführt.

Auch die vielfältigen Angebote der sehr gut organisierten dänischen Minderheit werden dargestellt: Sie verfügt über eigene Schulen und Kindergärten, ein Gesundheitssystem, eine Kirche, eine Zentralbibliothek und sogar eine eigene Zeitung.

»Die beiden Autorinnen haben schwerpunktmäßig die aktuellen sprach- und minderheitspolitischen Entwicklungen beleuchtet. Das Ziel war eine kompakte Darstellung der Chancen, Herausforderungen und Aufgaben, denen die Minderheiten gegenüberstehen und mit Erfahrung, Engagement und Aufgeschlossenheit begegnen«, fasst Johanna Jürgensen zusammen. Sie leitet den Fachdienst Kultur. Zudem wollten die Autorinnen die Leistungen der Minderheiten sichtbar machen, um deren Arbeit zu würdigen und um Handlungsbedarfe aufzudecken.

Handlungsempfehlungen

Ein besonders wichtiges Kapitel des Berichts sind deshalb die Handlungsempfehlungen der Minderheiten an den Kreis Nordfriesland. Dort wird beispielsweise angeregt, bei allen Image- und Tourismuskampagnen die friesische Sprache und Identität als Besonderheit der Region mit in den Blick zu nehmen und die friesischen Verbände und Institutionen als Diskussionspartner einzubeziehen. Die dänische Minderheit fordert unter anderem eine stärkere Sichtbarmachung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und die Durchführung einer Erhebung über freiwillige finanzielle Förderungen aus den Gemeinden an die Institutionen der dänischen Minderheit.

Platt is ok ankeken warrn

Im Unterschied zum ersten Minderheitenbericht wird im zweiten auch die Situation des Niederdeutschen thematisiert. »Es gibt viele Parallelen zwischen den Belangen der Minderheiten und den Organisationen, die sich für den Erhalt der plattdeutschen Sprache einsetzen. Deshalb lag es nahe, den Fokus zu erweitern«, sagt Johanna Jürgensen. Eine Forderung aus diesem Bereich ist die Unterstützung von Initiativen, die das Bewusstsein für den Wert der Mehrsprachigkeit stärken.

»Da sind gerade in den 1950er bis 1970er Jahren erhebliche Fehler gemacht worden, als man dachte, dass Regional- und Minderheitensprachen in der modernen Welt gar nicht mehr benötigt werden. Deshalb haben Eltern sie ihren Kindern nicht mehr beigebracht. Darunter leidet auch die plattdeutsche Sprache noch heute«, bedauert Florian Lorenzen.

Was vor Jahrzehnten als provinziell und rückwärtsgewandt empfunden wurde, werde heute oft als wertvolle Kindheitserfahrung und Prägung für das spätere Leben angesehen. »Wer in einer Familie aufwachsen durfte, in der im Alltag Friesisch, Plattdeutsch oder Dänisch gesprochen und die damit verbundene Kultur gelebt wurde, trägt diese Erinnerungen lebenslang im Herzen. Das ist ein großer Vorteil. Und es schafft schneller eine Verbindung zu Menschen, die die gleichen Erfahrungen gemacht haben«, weiß Lorenzen.

Die Bedeutung der Muttersprachler(innen)

Der nächste Minderheitenbericht soll in etwa drei Jahren erscheinen. Die Autorin steht bereits fest: Birte Überleer aus dem Fachbereich Jugend, Familie und Bildung der Kreisverwaltung. Sie hat die Arbeitsgruppe Mehrsprachigkeit von Beginn an begleitet.

»Das wichtigste Element bei der Weitergabe einer Sprache sind Muttersprachler, die selbst von Kind auf an Friesisch, Dänisch oder Plattdeutsch sprechen und dies ganz natürlich im Alltag an ihre Kinder und Enkel weitergeben«, unterstreicht sie. Deshalb könnten nur die Minderheiten selbst ihre Sprachen und Kulturen lebendig erhalten. »Verwaltungen und Schulen können sie dabei unterstützen, aber nicht ersetzen«, stellt Birte Überleer klar.