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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

24.07.2023

Bundesweites Interesse an der nordfriesischen Eingliederungshilfe

»Fürsorge und Betreuung sind out, Teilhabe und Selbstbestimmung sind in – seit zehn Jahren arbeitet unsere Eingliederungshilfe für erwachsene Menschen mit Behinderungen nach dieser Devise«, erläutert Florian Lorenzen, der Landrat des Kreises Nordfriesland.

Das Jubiläum nahmen der Kreis und die freien Träger der Eingliederungshilfe zum Anlass, vom 3. bis 8. Juli 2023 zu einer »Woche der Sozialraumorientierung« einzuladen.

Das Interesse war bundesweit groß: Allein an einem Festakt in der Husumer Messehalle nahmen 300 Personen teil. Rund die Hälfte war aus anderen Kreisen und Bundesländern eigens nach Nordfriesland gereist, die andere Hälfte setzte sich aus Fachkräften der Region zusammen. Insgesamt nahmen etwa 700 Fachleute und Menschen mit Behinderungen an den zahlreichen Veranstaltungen der Woche teil.

»Bei uns in Nordfriesland gilt die Devise: Im Mittelpunkt aller sozialen Leistungen steht der Mensch mit seinem Willen und seinen Ressourcen. Das hat praktische Auswirkungen auf unsere Haltung und somit auf die tägliche Arbeit mit den Klientinnen und Klienten«, unterstreicht Verwaltungschef Lorenzen.

Deutschlandweit arbeiten viele Sozialbehörden noch nach einem althergebrachten Schema: Beantragt ein erwachsener Mensch beispielsweise, in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu arbeiten, schätzen die Mitarbeitenden der Verwaltung seine Fähigkeiten und Möglichkeiten ein. Anschließend entscheiden sie, ob die Behörde die Kosten dafür übernimmt und welche Assistenzleistungen der Werkstatt erforderlich sind und dann auch bezahlt werden.

In Nordfriesland hingegen liegt das Hauptaugenmerk auf dem Willen und den Zielen des betroffenen Bürgers. »Wir fragen unsere Klientinnen und Klienten, was sie wollen, welche nächsten Schritte ihnen wichtig sind und wie sie diese erreichen wollen«, berichtet Christian Grelck, der Leiter des Fachbereiches Soziales und Arbeit der Kreisverwaltung.

Die Eingliederungshilfe ist Ansprechpartner für Fragen zu allen Lebensbereichen der Menschen mit Behinderung. Dabei arbeitet die Verwaltung sehr eng mit den freien Trägern der Eingliederungshilfe zusammen. Eine weitere Besonderheit: Jeder Träger erhält zu Jahresbeginn ein festes Budget vom Kreis, aus dem er die Assistenzleistungen für die Klienten finanziert. Wofür das Geld im Einzelfall verwendet wird, entscheiden Klient, Träger und Verwaltung gemeinsam.

»Mit diesem System machen wir in allen Bereichen beste Erfahrungen. Alle sind zufriedener als vorher«, betont Isgard Terheggen, die den Fachdienst Teilhabe und Senioren der Kreisverwaltung leitet. Sie fasst zusammen: »Die Betroffenen stellen fest, dass ihr Wille und ihre eigenen Ziele etwas wert sind und berücksichtigt werden. Die freien Träger sind nicht mehr die ‚Befehlsempfänger‘ der Verwaltung, sondern gestalten alle Prozesse mit ihrer hohen Fachkompetenz mit. Und wir von der Verwaltung freuen uns über bessere Ergebnisse als früher und kommen trotzdem mit dem Geld aus. Was will man mehr?«