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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

18.12.2023

Chancen für eine gemeinsame Arbeitszukunft

»Der Funke ist direkt übergesprungen. Er hatte ein tolles Auftreten – offen, freundlich und voller Tatendrang«, erinnert sich Doris Hansen an ihre erste Begegnung mit Saman Nariman. Seit Oktober arbeitet der junge Mann aus dem Nordirak im Verkauf der Hattstedter Filiale der Bäckerei und Konditorei Hansen und begeistert die Kundschaft. Kennengelernt haben sich der Familienvater und die Unternehmerin im Husumer Integration Point, einer Sprachfördermaßnahme für Migrantinnen und Migranten, die voller Chancen steckt.

Das können Doris Hansen und Saman Nariman nur bestätigen. Für beide war das Kennenlernen ein echter Glücksfall. Der 33-Jährige kam vor fünf Jahren nach Deutschland, jobbte zwischenzeitlich als Küchenhelfer in der Gastronomie und wünschte sich eine saisonunabhängige Festanstellung. Der nordfriesische Bäckereibetrieb suchte händeringend Personal.

Er ist damit kein Einzelfall, denn Unternehmen aller Branchen stehen mit Blick auf den sich zuspitzenden Fachkräftemangel vor Herausforderungen. Verkürzte Öffnungszeiten und schließende Betriebe sind deutschlandweit bereits Realität.

»Für uns war klar, dass wir dem Personalnotstand entgegenwirken müssen, indem wir neue Wege ausprobieren und aktiv auf Menschen zugehen, um für uns zu werben«, berichtet Hansen. Über einen Bekannten erfuhr sie vom Integration Point.

Teilnehmende aus 14 Ländern lernen Deutsch

Im Februar 2023 fiel der Startschuss für die zunächst auf die Dauer von drei Jahren angelegte Fördermaßnahme. Sie richtet sich an Menschen mit einer festen Aufenthaltserlaubnis, einer Aufenthaltsgestattung oder -duldung, die Asylbewerberleistungen beziehungsweise Bürgergeld über das Jobcenter Nordfriesland beziehen.

Die aktuellen Teilnehmenden stammen aus 14 verschiedenen Ländern und leben im gesamten Kreisgebiet verteilt. Ein Großteil von ihnen ist in den vergangenen Jahren aus Afghanistan, Syrien, dem Iran, dem Irak oder der Ukraine nach Deutschland geflohen. Im Integration Point haben sie die Möglichkeit, sich der deutschen Sprache und dem hiesigen Arbeitsmarkt in drei Modulen über einen Zeitraum von bis zu neun Monaten zu nähern.  

Drei Module 

Das erste Modul besteht aus zwei Klassen mit derzeit je 21 Teilnehmenden, die noch nicht in einem Arbeitsverhältnis stehen. Sie lernen von Montag bis Donnerstag – jeweils vormittags – Deutsch.

Jeden Freitagvormittag bringt das zweite Modul Personen, die bereits einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen oder eine Ausbildung absolvieren, die berufsspezifische Sprache näher. Unternehmen können ihre Mitarbeitenden hierzu kostenfrei anmelden, mit dem Ziel, dass ihre betrieblichen Abläufe von einer besseren Kommunikation auf Dauer profitieren und eine gelungene Beschäftigung gefestigt wird. Zehn von 20 Plätzen sind in diesem Modul derzeit besetzt.

Montags bis donnerstags findet am Nachmittag schließlich der »Job-Talk« statt – das dritte Modul. Es konzentriert sich auf die Arbeitsmarktintegration von aktuell bis zu 15 Teilnehmenden. Sie bekommen Unterstützung zu Themen wie Bewerbungsschreiben oder Vorstellungsgesprächen. Gleichzeitig können sie in diesem Rahmen Berufe und Betriebe kennenlernen – in persönlichen Gesprächen vor Ort oder während Betriebsbesichtigungen.

Idee aus der Wirtschaft

Die Idee zum Integration Point stammt aus einer Gesprächsrunde der Kreisverwaltung und einiger nordfriesischer Arbeitgeberinnen und -geber. Weiterentwickelt wurde sie vom Fachdienst Arbeit des Kreises und schließlich von der bb gesellschaft für beruf und bildung mbh als Träger mit Leben gefüllt.

Rund 250.000 Euro kostet die Maßnahme jährlich, die in Teilen aus dem Eingliederungstitel des Sozialgesetzbuches II finanziert wird.

Doch auch der nordfriesische Kreistag hat sich für eine Förderung entschieden. Mit jährlich 150.000 Euro unterstützt er die Module 1 und 2. »Die Kreistagsabgeordneten setzen damit ein deutliches Zeichen für die Integration. Sie ermöglichen eine zügige Sprachförderung und damit auch Arbeitsvermittlung für die Menschen, die zu uns kommen. Für diese Entscheidung sind wir sehr dankbar«, hält Landrat Florian Lorenzen fest.

Integration Point schließt Lücke zwischen BAMF-Kursen

Selbstverständlich ist das nicht, denn für das Thema Spracherwerb ist eigentlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Es stellt Migrantinnen und Migranten Integrationskurse, Berufssprachkurse und Co. zur Verfügung. Das Problem: Es gibt nicht genügend Lehrpersonal, Räumlichkeiten und Kursplätze.

»Wir stellen immer wieder fest, dass die Wartezeit zwischen den Regelangeboten des BAMF oftmals zu lang ist, teils zwölf Monate oder mehr. Die Geflüchteten verlieren in dieser Zeit oft die Sprachkenntnisse, die sie im Integrationskurs erworben haben«, verdeutlicht Renate Fedde, Leiterin der Abteilung Arbeitsmarktintegration im Jobcenter Nordfriesland.

Sprachkenntnisse halten und verbessern

An dieser Stelle setzt der Integration Point an. Wer zum Beispiel das erste Regelangebot bis zum Sprachniveau B1 abgeschlossen hat und auf den Berufssprachkurs wartet, wird hier im Lernprozess aufgefangen. »Uns gelingt es so, die Sprachkenntnisse der Teilnehmenden zu halten und sogar zu verbessern. Für sie ist die Maßnahme damit eine gute Gelegenheit, um sich noch schneller in den Arbeitsmarkt integrieren zu können«, so Fedde. 155 Personen haben seit Beginn der Maßnahme am Modul 1 teilgenommen.

Saman Nariman besuchte während seiner Zeit im Integration Point das dritte Modul und konnte in diesem Rahmen seine jetzige Arbeitgeberin davon überzeugen, ihr Vertrauen in ihn zu setzen. »In Deutschland läuft viel über den Bewerbungsweg. Wenn man keine Vorkenntnisse in einem Beruf hat, für den man sich interessiert, und die Sprache nicht fließend spricht, ist es schwierig, den Fuß in die Tür zu bekommen. Im Job-Talk konnte sich Frau Hansen direkt einen persönlichen Eindruck von mir machen«, erklärt Nariman.

Eine echte Chance für Arbeitgeber

Für Arbeitgeberinnen und -geber ist der Besuch des Integration Point daher ebenso eine echte Chance, weiß Kerstin Quint-Bruns. Sie kümmert sich seitens des Trägers um die Koordination der Maßnahme und die pädagogische Betreuung der Teilnehmenden.

»Jeder kann Schritt für Schritt in eine Aufgabe hineinwachsen, man muss ihm nur die Gelegenheit dazu geben. Die Menschen, die zu uns nach Deutschland kommen, sind – mit Blick auf den demografischen Wandel – schließlich die Zukunft unseres Arbeitsmarktes. Betriebe, die sich im Modul 3 vorstellen und mit Migrantinnen und Migranten niedrigschwellig ins Gespräch kommen möchten, sind herzlich eingeladen, Kontakt mit uns aufzunehmen«, sagt Quint-Bruns.

Doris Hansen nutzte die Möglichkeit. Gleich zwei offene Stellen im Verkauf konnte die 52-Jährige dadurch besetzen – mit Saman Nariman und einer jungen Frau aus der Ukraine. »Ich bin froh, dass ich die Chance genutzt habe, unseren Betrieb im Integration Point vorzustellen, denn sonst hätte ich diese tollen Arbeitskräfte nicht kennengelernt. Natürlich war die Betreuung am Anfang intensiver als sonst und beide Seiten mussten Geduld mitbringen, aber das alles hat sich mehr als gelohnt. Für unsere Bäckerei sind die beiden ein echter Mehrwert«, freut sich Hansen.

So erreichen Sie den Integration Point:

Arbeitgeberinnen und -geber, die sich ebenfalls vorstellen möchten, erreichen den Integration Point telefonisch unter 04841 9811444 oder per Mail an integrationpoint@bb-gesellschaft.de.