Nordfriesland ist Schleswig-Holsteins erster »Fairtrade-Landkreis«
Seit dem 22. September 2023 darf sich der Kreis Nordfriesland offiziell »Fairtrade-Landkreis« nennen – als erster Kreis in Schleswig-Holstein. Im Rahmen einer Feierstunde im Schloss vor Husum nahm Landrat Florian Lorenzen die Auszeichnungsurkunde von Fairtrade-Ehrenbotschafter Manfred Holz entgegen.
An seiner Seite: die zwölf Mitglieder der kreisweiten Steuerungsgruppe, die den Weg zur Zertifizierung durch den Verein »TransFair« maßgeblich gestalteten. Begleitet wurden die Ehrenamtlichen dabei in koordinierender Funktion vom Fachdienst Klimaschutz und nachhaltige Raumentwicklung der Kreisverwaltung.
Die Zertifizierung hält fest, dass der Kreis Nordfriesland und seine lokalen Fairtrade-Partnerinnen und -Partner fair hergestellte und gehandelte Produkte – beispielsweise Kaffee oder Schokolade – nutzen beziehungsweise anbieten. Zudem betreiben sie im Sinne des fairen Handels gezielt Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit. Mit an Bord sind in Nordfriesland bislang 79 Einzelhandelsstandorte, 14 Gastronomen, drei Schulen, sieben Vereine und zwei Kirchengemeinden – und die Zahl soll steigen.
»Ich bin sehr stolz darauf, dass Nordfriesland ab heute der erste Fairtrade-Landkreis bei uns im Norden ist. Die Auszeichnung ist eine Anerkennung für alle Akteurinnen und Akteure, die auf lokaler Ebene Verantwortung übernehmen und das Bewusstsein für fair gehandelte Produkte und für die Situation der Menschen im globalen Süden stärken«, hielt Landrat Florian Lorenzen zu Beginn der Veranstaltung fest.
»Die Umwelt können wir als Gesellschaft nur effektiv schützen, wenn Menschen nicht um ihre wirtschaftliche Existenz kämpfen müssen. Als Kreis haben wir uns daher bewusst dazu entschlossen, einen Beitrag zu einer nachhaltigeren und sozial gerechteren Welt zu leisten – auch für die Bürgerinnen und Bürger, die in Nordfriesland leben, und vor allem vor dem Hintergrund unserer besonderen geographischen Lage. Der Steuerungsgruppe und allen Partnern, die uns auf diesem Weg unterstützen, möchte ich von Herzen für ihr Engagement danken. Vielleicht kann unsere Initiative auch andere Gemeinden, Städte und Kreise in Schleswig-Holstein dazu motivieren, in puncto Fairtrade ebenfalls aktiv zu werden«, wünschte sich Lorenzen.
Gemeinsam an das Ziel
Vorbilder für den Einsatz des Kreises waren gleich fünf »Fairtrade«-Pioniere in der Region: die Städte Niebüll (seit 2017 zertifiziert) und Husum (seit 2020), die Gemeinden Hallig Hooge (seit 2017) und St. Peter-Ording (seit 2022) sowie der evangelisch-lutherische Kirchenkreis Nordfriesland. Vertreter der Fairen Fünf brachten als Mitglieder der kreisweiten Steuerungsgruppe ihre Erfahrung – sowohl mit dem Zertifizierungsprozess als auch mit der inhaltlichen Arbeit zum Thema fairer Handel – in das Vorhaben mit ein.
Zu den weiteren Engagierten des Arbeitskreises gehören Vertreterinnen und Vertreter der Kreistagsfraktionen von CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen, SSW und WG-NF / Die Unabhängigen, des Kreisvereins der Volkshochschulen, des Kreissportverbandes, des Kreislandfrauenverbandes sowie des Weltladens Husum.
»Gemeinsam haben wir mit der Kreisverwaltung an der Erfüllung der Bewerbungskriterien gearbeitet. Die Auszeichnung ist ein wichtiger Zwischenschritt. Jetzt geht es für uns darum, den Gedanken des fairen Handels und der Nachhaltigkeit in Nordfriesland in die Fläche zu tragen – mit Aktionen, durch Gespräche und Vernetzung. Unser Ziel ist es, weitere Unternehmen, Gastronomen, Einrichtungen, Vereine, aber auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger für das Thema zu begeistern. Je mehr Menschen mitmachen, desto mehr können wir dabei helfen, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Produzentinnen und Produzenten sowie ihrer Beschäftigten im globalen Süden zu verbessern«, verdeutlichte Martin Maier-Walker, der als einer der Sprecher der kreisweiten Steuerungsgruppe durch die Veranstaltung führte.
Fünf Schritte zur Zertifizierung
Während der Veranstaltung blickte die Steuerungsgruppe mit den Gästen auf den bisherigen Weg zurück. Bis zur Auszeichnung als »Fairtrade-Landkreis« mussten fünf Kriterien im Zertifizierungsverfahren erfüllt werden. Erstens: der offizielle Beschluss des Kreistages. Diesen fassten die Abgeordneten im Dezember 2020. Zweitens: die Gründung einer kreisweiten Steuerungsgruppe. Sie formte sich im Mai 2022 und ist die Herzkammer und der Tempogeber der Kampagne.
Als drittes und viertes Kriterium mussten lokale Akteure – Einzelhandelsgeschäfte, Gastronomiebetriebe und Bildungseinrichtungen – zum Mitmachen gefunden werden. Und zu guter Letzt sollte bereits vor dem Meilenstein der Zertifizierung die erste Öffentlichkeitsarbeit betrieben werden.
Gesagt, getan: Die Auszeichnung zum »Fairtrade-Landkreis« gilt nun für zwei Jahre. Bei der weiteren Erfüllung der Voraussetzungen kann der Kreis Nordfriesland jedoch immer wieder zertifiziert werden.
Erster Fokus auf dem Sport
Fairtrade-Ehrenbotschafter Manfred Holz würdigte während der Veranstaltung das Engagement des Kreises für den fairen Handel und forderte dazu auf, die Auszeichnung als Motivation für weitere Aktivitäten zu sehen – eine Einstellung, die auch die kreisweite Steuerungsgruppe teilt. Bereits vor der offiziellen Auszeichnung entschied sie sich, ihren ersten Fokus neben der allgemeinen Aufklärungsarbeit auf den Bereich Sport zu richten.
Weit mehr als 90 Prozent aller Fußbälle werden unter oft menschenunwürdigen und gesundheitsschädigenden Bedingungen angefertigt. Dabei gibt es mit fair produzierten Sportbällen eine gute Alternative – die Wenigsten wissen jedoch davon. »Das wollen wir unter anderem gemeinsam mit dem Kreissportverband ändern und zukünftig verstärkt mit Schulen und Sportvereinen zusammenarbeiten. So erreichen wir mit dem Thema fairer Handel jüngere und ältere Generationen gleichermaßen und können das Bewusstsein vieler Menschen für Fairtrade und Nachhaltigkeit schärfen«, berichtete Maier-Walker.
Das neue Fairtrade-Logo des Kreises Nordfriesland, das während der Feier vorgestellt wurde, soll ebenfalls dazu beitragen, die Initiative des Kreises künftig in den Fokus zu rücken.
Thematisch passend fand die Zertifizierungsfeier während der Fairen Woche 2023 statt, die sich dieses Jahr der Klimagerechtigkeit widmet. Musikalisch umrahmt wurde sie von den Schülern Fiete Hannen und Sebastian Kruse (Theodor-Storm-Schule Husum) als Duo »Unter Vier Augen«.
Mitmachen kann jeder
Nordfriesische Bildungseinrichtungen, Einzelhandelsunternehmen und Gastronomiebetriebe, die fair gehandelte Produkte in ihr Sortiment aufnehmen möchten, sind herzlich dazu eingeladen, Kontakt zur kreisweiten Steuerungsgruppe aufzunehmen – per Mail an nachhaltigkeit@nordfriesland.de oder ulrike-beate.blum@nordfriesland.de. Sie steht auch allen anderen Bürgerinnen und Bürgern, die Interesse daran haben, sich für das Thema fairer Handel einzubringen, als Ansprechpartner zur Verfügung.