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Foto: Bernd Höfer, Breklum

Kreishaus in der Marktstraße in Husum

08.03.2024

Workshop über bedrohte Regional- und Minderheitensprachen im Kreishaus

Im »Sprachenland« Nordfriesland wird seit Jahrhunderten Plattdeutsch, Friesisch und Sønderjysk gesprochen. Seitdem Dänisch und Hochdeutsch sich durchsetzten, haben die älteren Sprachen es schwerer. Heute gelten sie als bedrohte Regional- und Minderheitensprachen.

»Dennoch bereichern sie unseren Alltag, denn auch kleine Sprachen tragen ihre ganze Kultur in sich. Wenn wir diesen Schatz unserer gemeinsamen Wurzeln bewahren und weitergeben wollen, brauchen wir Menschen, die sich aktiv dafür einsetzen – politisch wie im Alltag«, erläutert Birte Überleer, beim Kreis Nordfriesland mit Regional- und Minderheitensprachen betraut.

Um dieses Thema voranzubringen, nahmen Kreistagsabgeordnete, Bürgermeister und Fachleute aus ganz Nordfriesland am 24. Februar 2024 an einem Workshop im Husumer Kreishaus teil. Im Mittelpunkt stand die Wahrnehmung, Wertschätzung und Weiterentwicklung der Regional- und Minderheitensprachen. Zur Einführung gaben Dr. Christoph Schmidt vom Nordfriesischen Institut in Bredstedt und Dr. Ruth Kircher vom Europäischen Zentrum für Minderheitenfragen in Flensburg einen Einblick in die Sprachenvielfalt der Region.

Einfach schnacken, statt gleich ins Hochdeutsche zu wechseln

Lienke Jürgensen berichtete aus ihrer Zeit im Vorstand der Landjugend Högel: »Wir haben miteinander Plattdeutsch gesprochen. Zwar waren immer auch Nicht-Sprecher anwesend, aber verstehen konnten sie es ja. So hält man die Sprache lebendig.«

Landrat Florian Lorenzen fand dieses Vorgehen beispielhaft: »Was auf Platt klappt, kann auf Friesisch oder Dänisch genauso funktionieren. Selbst wenn uns auf Hochdeutsch geantwortet wird, hat unser Gegenüber uns doch zumindest verstanden. Und dann sollten wir auch bei unserer Regional- oder Minderheitensprache bleiben, statt ins Hochdeutsche zu wechseln.«

Das war Wasser auf die Mühlen von Johannes Callsen, dem Minderheitenbeauftragten des Ministerpräsidenten. »Als Land können wir noch so viele Angebote in den Schulen machen oder Geld in die Kindergartenförderung und die Lehrerausbildung stecken – wichtiger ist, dass die Leute die Sprachen im Alltag und in den Familien sprechen und zu dieser kulturellen Vielfalt stehen. Ansonsten wird es ganz schwer«, erklärte Callsen.

Die junge Föhrerin Nomie Hansen hat erlebt, wie Zugezogene, die sich im Friesischen versuchten, von älteren Einheimischen so kritisch korrigiert wurden, dass sie die Lust verloren. »Das ist nicht das richtige Signal. Ich hoffe, dass wir etwas offener werden und alle akzeptieren, die Friesisch lernen wollen«, betonte sie.

Kinder mit Migrationshintergrund haben größtes Interesse an Plattdeutsch

Eike Jürgensen unterrichtet Plattdeutsch an der Bredstedter Grundschule. Dort beobachtet sie bei den Kindern mit Migrationshintergrund das größte Interesse an Plattdeutsch. Sie hofft, dass dieses Potenzial an den Gemeinschaftsschulen, Gymnasien und Berufsschulen weiterentwickelt werden kann. Auch Auszubildende sollten motiviert werden, ihre Plattdeutschkenntnisse zu nutzen, erklärte sie.

Chancen für Bildungsoffensive in Kitas

Unter den Teilnehmenden bestand Einigkeit in der Einschätzung, dass der Fortbestand kleiner Sprachen in erster Linie von den Kindern abhängt. Wenn es für sie normal ist, die Minderheitensprachen im Alltag zu nutzen, werden sie sie auch im Erwachsenenalter beibehalten und an ihren Nachwuchs weitergeben.

Johannes Callsen wies auf ein bereits existierendes Förderprogramm des Landes hin. Es sieht einen Zuschuss von 2.000 Euro für Kindergarten-Gruppen vor, die ein Sprachangebot in Regional- und Minderheitensprachen machen. »Die Kinder werden sicherlich nicht nach Hause kommen und fließend Platt sprechen können. Aber sie bekommen die Sprache ins Gehör. So ging es mir als Kind, ich habe durch das Hören einen Zugang bekommen. Irgendwann merkte ich, die Sprache gehört irgendwie zu mir, und dann fing ich an, sie selbst zu sprechen«, erinnerte er sich. Landrat Florian Lorenzen sah auf Basis der Fördermittel Chancen für eine gemeinsame Bildungsoffensive von Land, Kreis und Gemeinden.

Sprachförderung beruht auf ehrenamtlichem Engagement

Der überwiegende Teil der Förderung des Friesischen und des Plattdeutschen ruht auf dem Ehrenamt. Beispiele sind der Friesenrat, das Plattdeutsche Theater, die Friisk Foriining und das Plattdeutsche Zentrum in Leck. Insbesondere die Landesregierung, aber auch Kreis und Gemeinden unterstützen das ehrenamtliche Engagement, indem sie etwa die wenigen hauptamtlichen Stellen und die Sachkosten mitfinanzieren. So werden die Strukturen gesichert, die eine Basis für die ehrenamtliche Arbeit bilden. Aber auch einzelne Projekte werden immer wieder gefördert.

»Wir alle nehmen aus diesem Workshop viele Denkanstöße mit«, bilanzierte Kreispräsident Frank Zahel in seinem Schlusswort. Das ehrenamtliche Engagement müsse anerkannt und die daraus erwachsende Expertise genutzt werden. Zahel versprach, die Erkenntnisse aus dem Workshop in die Politik auf Kreisebene hineinzutragen.